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Pressekonferenz zur „Night of Light 2020“

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2020

Pressekonferenz zur „Night of Light 2020“

Initiatoren, Unterstützer und Branchenvertreter informieren über die dramatische Lage der Veranstaltungswirtschaft und die Aktion „Night of Light 2020“. Durch die behördlichen Auflagen im Zuge der Corona-Krise ist einem der größten Wirtschaftszweige Deutschlands die Arbeitsgrundlage entzogen worden. Eine Pleitewelle enormen Ausmaßes droht. Die Aktion ist ein Aufruf zu einem Dialog mit der Politik, der die Vielfältigkeit und Systemrelevanz der deutschen Veranstaltungswirtschaft sowie Lösungen und Wege aus der Krise thematisieren soll.

In der Nacht vom 22.06.2020 auf den 23.06.2020 werden die inzwischen mehr als 7700 Teilnehmer bundesweit Eventlocations, Spielstätten, Veranstaltungszentren und andere Bauwerke mit rotem Licht illuminieren. Über 8400 solcher leuchtender Mahnmale sind bislang in mehr als 1500 Städten und Gemeinden geplant, und stündlich werden es mehr (Stand: 22.06.2020, 18 Uhr). Die Aktion „Night of Light 2020“ ist ein Hilferuf an die Politik: Durch das Medium des Lichts soll der Wirtschaftszweig der Veranstaltungsbranche in seiner Gänze sichtbar gemacht werden – einer Branche, die über 150 Gewerke und Disziplinen umschließt und daher über keine einheitliche Lobby verfügt, obwohl sie in ihrer Gesamtheit hinsichtlich Beschäftigtenzahlen und Umsatz unter den Top 3 Branchen in Deutschland rangiert.

„Wir stehen für 1 Million Beschäftigte allein im B2B-Sektor“, sagte Tom Koperek, Initiator der Night of Light und Vorstand der LK-AG Essen sowie Betreiber der Grand Hall Zollverein. „Mehr als 2,5 Millionen Beschäftigte hat die Veranstaltungsbranche, wenn wir die Unterhaltungsindustrie, die Entertainment, Kultur-und Kreativwirtschaft mit hinzurechnen“. Mehr als 50 Prozent der Betriebe droht nach 4 Monaten ohne Einnahmen die akute Insolvenz. Gravierende Folgen hätte dies somit nicht nur für die kulturelle Vielfalt als tragende Säule unserer Gesellschaft, sondern auch für den Arbeitsmarkt. Die Hilfsprogramme der Regierung in Form von Kreditprogrammen seien jedoch kein probates Mittel, um die Veranstaltungswirtschaft zu retten, da sie nicht wertschöpfend investiert werden könnten, sondern aufgewendet werden müssten, um die Betriebskosten zu decken, während es weiterhin keine Einnahmen gebe. Am Ende stehe daher die erneute Zahlungsunfähigkeit in Verbindung mit einer Überschuldung der betroffenen Unternehmen. „Das ist nur eine Verlängerung des Siechtums“, so Koperek. „Man hängt die Veranstaltungswirtschaft an ein Beatmungsgerät, und irgendwann wird die Sauerstoffflasche leer sein.“ Er fügte hinzu, dass sich die Aktion ausdrücklich nicht gegen die im Zuge der Corona-Krise beschlossen Hygienemaßnahmen wende. „Das Virus ist da. Es ist gefährlich und für uns nicht beherrschbar“, sagte Koperek. Ziel der Aktion sei ein Dialog der Veranstaltungsbranche mit der Politik über gemeinsame, wirksame Lösungen und Wege aus der Krise. „Wie können wir erreichen, dass die Mehrheit der Unternehmen in der Veranstaltungswirtschaft die Corona-Krise übersteht?“

Prof. Dr. Bernd Schabbing, Leiter des Studiengangs „Tourismus & Event“ an der International School of Management, Dortmund, und Mitautor der Studie „Die gesamtwirtschaftliche Bedeutung der Veranstaltungsbranche“ im Auftrag des IGVW e.V., machte auf die Tragweite der Problematik aufmerksam. Diese treffe nicht nur die Veranstaltungsbranche, sondern indirekt auch viele andere Wirtschaftszweige. „Die Studie zeigt: Wenn man die Wirtschaft und die Touristik retten will, die ja in den letzten Monaten stark im Fokus stand, vergisst man schnell, was die Veranstaltungswirtschaft leistet.“ Das Gros der jährlich knapp 130 Milliarden Euro Umsatz der Veranstaltungsbranche werde durch wirtschaftsbezogene Veranstaltungen erwirtschaftet, die nicht im Fokus der Öffentlichkeit stünden. „An etwa 300 Millionen wirtschaftsbezogenen Veranstaltungen nehmen jährlich etwa 400 Millionen Menschen teil. Deutschland ist hier die Nummer 1 in Europa, die Nummer 2 auf der ganzen Welt.“Diese Veranstaltungen seien von großer Wichtigkeit sowohl für Unternehmen als auch für indirekt betroffene Wirtschaftszweige sowie für einzelne Kommunen, die Einnahme-Ausfälle verzeichneten. „Eine zentrale Vorbedingung für das Hochfahren der Wirtschaft und die Sicherung des Tourismus, der eben nicht nur aus Urlauben besteht, sondern auch Geschäftsreisen, ist die Sicherung der Veranstaltungsbranche“, so Schabbing.

„Ich bin durch die Absage von Veranstaltungen in der Krise schnell selbst betroffen gewesen“, sagte Sandra Beckmann, selbstständige Veranstaltungstechnikerin, Gründerin der „Initiative für die Veranstaltungswirtschaft“ und Kooperationspartnerin der Aktion „Night of Light 2020“. „Aufgrund dessen habe ich die ‚Initiative für die Veranstaltungswirtschaft‘ ins Leben gerufen und dazu aufgerufen darzustellen, wie viele Tätigkeitsfelder wir haben und in welchen Größenordnungen wir unterwegs sind.“ Zu den rund 150 Tätigkeitsfeldern kämen über 50 verschiedene Veranstaltungsformate. Darunter fielen Veranstaltungen, die jeder besuche, zum Beispiel Stadtfeste und Konzerte. Die Vielfältigkeit der Veranstaltungswirtschaft sowie die große Rolle selbständiger Künstler und Freiberufler seien weitere Punkte, auf die die Initiative hinweisen wolle.

Tedros Tewelde, Betriebswirt, Gründer des P x P Embassy e.V. und Veranstalter des PXP Festivals, Europas größtem Benefizkonzert für Kinderhilfe, vertrat die Sicht der Künstler und Kulturschaffenden. „Durch unser Festival durften wir feststellen, was die Kultur und die Kreativwirtschaft für soziales Engagement ermöglichen können. Wir konnten Menschen beleuchten, die normalerweise nicht im Mittelpunkt stehen, in unserem Fall Kinder aus der ganzen Welt, angefangen bei der Flüchtlingskrise 2015 – das war die Initiierung unseres Festivals.“ Das Festival habe einen Raum geschaffen, in dem soziale Verantwortung thematisiert werden könne. Ohne weitere Kapazitäten werde es auch keine solchen Benefizkonzerte mehr geben, die nur durch die unentgeltliche Unterstützung von Veranstaltern und Künstlern möglich seien. Teweldes Partner, der Soul-Sänger und Mitveranstalter des PXP Festivals Fetsum Sebhat, sagte: „Musik hat eine grundlegende gesellschaftliche Rolle. Immer mehr Künstlerinnen und Künstler setzen sich für soziale Belange ein.“ Soziale Themen würden durch sie auch an junge Menschen herangetragen, die sich normalerweise nicht damit auseinandersetzten. Daher sei es wichtig, dass Kunstschaffende in Lohn und Brot stünden. „Wir müssen Ausblicke schaffen, um Lösungen finden zu können“, so Sebhat.

Jutta Kirberg, geschäftsführende Gesellschafterin der Kirberg Catering GmbH in Köln vertrat den Branchenbereich des Caterings und hob neben den finanziellen Auswirkungen auch die gesellschaftlichen und sozialen Folgen der dramatischen Lage der Veranstaltungswirtschaft hervor. „Wir haben 100 festangestellte Mitarbeiter und beschäftigen in Hochzeiten bis zu 400 Teilzeitkräfte, und selbstverständlich sind wir auch Ausbildungsbetrieb. Seit dem Anfang der Krise im März haben wir weder Aufträge noch fahren wir Umsätze ein.“ Vor Ende des Jahres sei keine Besserung absehbar. „Als wir im März 98 Prozent unserer Mitarbeiter in Kurzarbeit geschickt haben, fühlte sich das schlimm an. Von heute auf morgen sind wir völlig auseinandergerissen worden.“ Der Verlust der gemeinsamen Arbeit an Projekten, der Verbindung untereinander und auch der Anerkennung für die gemeinsame Arbeit sei schwer zu verkraften. „Als Arbeitgeber fühle ich mich natürlich auch für die Mitarbeiter verantwortlich. Das Gefühl, wenn dich jemand fragt, wann es wieder losgehe oder wie es weitergehe, und keine Antworten zu haben, weil du keine Perspektive hast – das zerreißt einem das Herz“, so Kirberg.

„Seit über 100 Tagen beschäftigt uns schon die Frage, wie wir am besten Empfehlungen aussprechen für die Mitglieder der über 150 unterschiedlichen Disziplinen“, sagte Sacha Ritter, Geschäftsführer des Spitzenverbandes der Veranstaltungswirtschaft IGVW. „Wir sprechen hier auch von Herstellern, Vertrieben, Betreibern, Künstlern und Fachplanern – und natürlich von sehr vielen Auszubildenden.“ Was man für die Auszubildenden in der Veranstaltungsbranche tun könne, sei ein Thema, das speziell von der IGVW betrachtet werde. „Wir haben schon sehr viele Ansätze verfolgt. In den letzten 100 Tagen haben wir mit Verbänden innerhalb und außerhalb von Deutschland intensiv Austausch darüber geführt, was man tun kann und welche Maßnahmen sinnvoll sind.“ Dabei seien sie jedoch immer wieder zu dem Schluss gekommen, dass ohne weitere Unterstützung vom Staat und ohne einen Dialog mit Bund und Ländern alle Überlegungen nur wenig Hilfe seien. „Das schaffen wir nicht alleine. Der Dialog mit der Politik soll daher thematisieren, was die Verbände brauchen – genau wie alle anderen Marktteilnehmer der Branche.“

Hintergründe – die dramatische Lage der Veranstaltungswirtschaft

Die Veranstaltungswirtschaft war der erste Wirtschaftszweig, der von der COVID-19-Krise getroffen wurde und er wird auch mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit am längsten und tiefgreifendsten von den Auswirkungen betroffen sein. Faktisch alle Unternehmen aus den Bereichen Messebau, Veranstaltungstechnik, Eventagentur, Catering, Bühnenbau, Eventlocation, Messegesellschaft Kongresscenter, Tagungshotel, Konzertveranstalter, Künstler und Einzelunternehmer haben durch die erfolgten Veranstaltungsverbote seit dem 10.03.2020 innerhalb weniger Werktage ihre gesamten Auftragsbestände verloren. Sie gerieten als erste in die Krise (first in) und werden als letzte wieder aus der Krise herauskommen (last out).

Seit Mitte März macht die Veranstaltungswirtschaft quasi keinen Umsatz mehr. Anders als im produzierenden Gewerbe können weggefallene Umsätze nicht mehr nachgeholt werden, es kann auch nichts „auf Lager“ produziert werden; die meisten Unternehmen in der Veranstaltungswirtschaft sind Dienstleister. Selbst wenn nach Beendigung der Krise eine hohe Nachfrage einsetzen würde, kann der erlittene Verlust nicht mehr kompensiert werden. Die Veranstaltungswirtschaft insgesamt ist einer der größten Sektoren der deutschen Wirtschaft und zählt rund 1 Million direkte Beschäftigte. Es wird ein jährlicher Umsatz von rund 130,0 Mrd. Euro erwirtschaftet.  Rechnet man die Kultur- und Kreativwirtschaft mit ihren veranstaltungsbezogenen Teil- und Zuliefermärkten hinzu, so beschäftigen mehr als dreihunderttausend Unternehmen in über 150 Disziplinen mehr als 3 Millionen Menschen und erzielen einen Jahresumsatz von über 200 Mrd. Euro! 1

Durch das vorläufige Verbot von Großveranstaltungen bis 31.08.2020 und einen danach noch folgenden Vorlauf zur Planung von Veranstaltungen gibt es einen 80 – 100 % Umsatzausfall über einen Zeitraum von mindestens acht Monaten. Daraus resultiert eine akute Insolvenzgefahr für die gesamte Branche. Es ist wichtig, auch die Öffentlichkeit auf die besonders hart getroffene Branche der Veranstaltungswirtschaft aufmerksam zu machen und zu verdeutlichen, dass die derzeitigen Hilfeleistungen in Form von Kreditprogrammen nicht ausreichen. Da diese Kredite nicht wertschöpfend investiert werden können, sondern zur Deckung von Betriebskosten aufgewendet werden müssen, führt dies nach dem Verbrauch der Kredite zu einer erneuten Zahlungsunfähigkeit in Verbindung mit einer Überschuldung der betroffenen Unternehmen und Einrichtungen.

Die wirtschaftliche Durchführung von Veranstaltungen ist zurzeit und bis auf Weiteres unter den geltenden Restriktionen und notwendigen Hygieneregelungen nicht mehr möglich. Es bestehen somit besondere, ökonomische Herausforderungen, um die sog. „First in – Last out“ Unternehmen sowie die in der Veranstaltungswirtschaft tätigen Einzelunternehmer, mithin die gesamte Branche, zu retten.

Die für diese Aktion gemeinsam verwendete Farbe Rot soll folgendes ausdrücken:

  • Die Veranstaltungswirtschaft befindet sich auf der „Roten Liste“ der aussterbenden Branchen
  • Alarmstufe Rot – ein Milliardenmarkt und Millionen Arbeitsplätze sind in Gefahr!
  • Wir sind eine Gemeinschaft und haben das gemeinsame Ziel eines Branchendialogs mit der Politik
  • Wir richten einen flammenden Appell an die Öffentlichkeit
  • Die Farbe Rot steht für die Leidenschaft für unseren Beruf / unsere Profession „Wir brennen für das, was wir tun!“

1 Quelle: Studie „Die gesamtwirtschaftliche Bedeutung der Veranstaltungsbranche“ vom 15.06.2020 des R.I.F.E.L.  e.V. im Auftrag des IGVW e.V.

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